Nach vier Tagen Riga verlassen wir die Stadt. Ein neuer Hafen, eine neue Stadt ist immer wieder spannend, aber nach der ganzen Pflastertretterei wollen wir auch mal wieder segeln. Gestern und letzte Nacht hat es das erste mal auf unserer Reise geregnet. Heute ist wieder bestes Wetter. Im Hafen ist nichts groß los, ein paar Frachter werden von den Hafenkranen mit Kohle vollgeschaufelt, aber auf dem Wasser ist „tote Hose“. Im Hafenfunk auf Kanal 09 hören wir irgendwas auf Russisch, wir aber „nichts verstehen“.
In Riga gibt es neben dem am Botschaftsviertel gelegenen Stadthafen noch weitere Sportboothäfen. Diese liegen auf der anderen Flussseite und der Weg in die Innenstadt ist deutlich weiter. Wie im Stadthafen ist auch hier nur die Hälfte der vorhandenen Plätze belegt.
Ansonsten wird im Industriehafen fleißig gebaut. Auf einer endlos scheinenden Fläche entsteht ein gigantisches Containerterminal. Die Fahrt durch den Hafen dauert ca. eine Stunde.
Genau in der Hafenausfahrt kommt dann großes Schiff von hinten, hat sich von uns unbemerkt angeschlichen und ist auf einmal da. Großes Schiff vorbei – und dann kommt gleich eine Fähre rein.
Ansonsten ist heute Schönwettersegeln mit halben Wind angesagt. Erst noch mit Genua, dann unter Fock. Tagesziel ist Roja. Zum Einen haben wir noch etwas Zeit bis wir Leander in Stockholm treffen und zum Anderen wollen wir noch ein paar andere Ecken von Lettland sehen. Tipp von meiner Mutter – Kap Kolka, um das wir vor ein paar Tagen nächtens herumgekurft sind, müsst ihr unbedingt sehen. Bei dem nordwestlichen Winden standen in der Rigaer Bucht noch die Häfen Kuivizi und Salacgriva. Da wir von keinem der Häfen eine Beschreibung haben entscheidet das Luftbild aus dem Internet ganz klar für Roja. Kleiner Fischerhafen mit Anleger im örtlichen Segelverein und Einkaufsmöglichkeit über die Straße. Im Vorhafen bin ich mir dann doch wieder unsicher. Überall gestapeltes Rundholz, mittelgroße Fischerkähne und kein einziger Mast. Einmal um die Ecke ist alles wieder gut. Ganz hinten vor einer flachen Brücke gibt es Fingerstege vor einer gemähten Rasenfläche mit rotem Häuschen drauf. Wie in Schweden. Komplettes Kontrastprogramm zu Riga, wo am Hafen eine gut befahrene Straße vorbeiführt und noch ein Rangierbahnhof endet, der jeden Tag bespielt wird.
Am nächsten Morgen begrüßt uns ein sehr freundlicher Hafenmeister, erklärt, wo die Toiletten und Duschen sind und wo man sich am besten zum WiFi- Empfang hinsetzt. Ansonsten ist Rola ein größeres Straßendorf, wo es alles gibt was der Segler so braucht. Die Tanke liegt jedoch über 1,5 km entfernt. Schöner kleiner Spaziergang – immer an der Hauptstraße entlang.
Als wir nach drei Tagen zahlen gibt es auch noch einen kleinen Rabatt. Ab dem dritten Tag reduziert sich die Liegegebühr auf die Hälfte. Der Hafenmeister ist dann auch ganz traurig, dass wir doch abfahren und das am Tag des großen Fischerfestes, für das seit Tagen schon die Vorbereitungen laufen.
Entgegen unserer nächtlichen Anfahrt nach Riga, wo es von Frachtern, Fähren und Kreuzfahrtschiffen nur so wimmelte, ist heute praktisch keiner unterwegs. Im AIS sind sechs bis sieben finnische Segelyachten zu sehen, die sich noch hinter dem Horizont befinden. Auf einmal, Annette ist am Steuer und meldet: Der ganze Horizont ist voller Segel. Und tatsächlich, um die paar Yachten mit AIS tummeln sich 30-40 Yachten. Teilweise nebeneinander, hauptsächlich hintereinander, wie an einer Perlenschnur kommen uns über zwei Stunden finnische Yachten entgegen. Alle auf dem Weg nach Riga. Da wird sich der Hafenmeister freuen. Mit dem was uns entgegen kommt dürften alle Hafenplätze in allen Rigaer Häfen gefüllt werden. Zuerst vermuten wir, dass es um eine Regatta handelt, aber wahrscheinlicher ist, dass in Finnland die Ferien begonnen haben.