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Hypnotische Landschaften

Über Kap Kolka liegt eine tiefe Ruhe. Roja fühlt sich an, wie ein etwas abgelegener Ort, Kolka, als liege es in einer anderen Dimension. Die Landschaft auf dem Weg hierher ist der Wald. Ein Nadelwald, dessen Boden mit Heidelbeersträuchern bedeckt ist. Durch diesen Wald führt die Straße, auf der der Bus fährt und an der ab und zu eine Haltestelle darauf hinweist, dass in der Nähe Menschen wohnen. Manchmal sind auch Häuser zwischen den Bäumen oder auf Lichtungen zu sehen, oft schöne, alte Holzhäuser. In Kolka steigen mit uns ein paar ältere Damen aus, die in verschiedene Richtungen davon streben und schnell verschwunden sind. Vor dem kleinen Supermarkt sitzt ein vielleicht sechsjähriger Junge mit einer Flasche Cola, der aussieht, als sei er sehr zufrieden mit seinem Kauf. Eine ältere Dame auf einem Fahrrad und ab und zu ein Auto, ansonsten sind wir alleine. Bis zum Kap verdichtet sich die Empfindung von Weite und tiefer Gelassenheit, als atme dieser Ort ganz langsam ein und aus. 

Der Strand am Kap ist wild und leer. Bäume, die im Winter von den Stürmen gefällt werden, bleiben als Küstenschutz auf dem Sand liegen. Bäume, in allen Stadien des Vergehens. Manche tragen noch ihre vertrockneten, rotbraunen Nadeln, andere sind von Sonne und Salz ganz ausgebleicht. Auch wenn es natürlich überall Spuren menschlicher Aktivitäten gibt, von militärischen Gebäuden aus Ex-Sovjetzeiten bis zu Fasssaunen auf dem Sandkliff, bleiben sie vereinzelt in dieser Weite und bestimmen die Landschaft nicht.

An diesem Kap befindet sich der größte Schiffsfriedhof der Ostsee. Bis der Leuchtturm ca. 3 Seemeilen vor dem Kap errichtet wurde, war es, vor allem bei schlechtem Wetter, schwierig, sich zu orientieren und viele Schiffe sind in den Flachs auf Grund gelaufen.

Das Gefühl von Weite nehme ich mit, als wir am nächsten Morgen aufbrechen, um Lettland zu verlassen und um das Kap Kolka herum nach Schweden zu segeln. Es wird eine sehr ruhige Fahrt, nur kurz, am Samstag Abend, von der Sorge vor einem Gewitter beeinflusst – eine Amboss-Wolke, die sich sehr schnell entwickelt und in der es ein paarmal donnert, bevor sie sich, zum Glück, wieder auflöst.

Am Sonntag Abend, nördlich von Gotland, schläft der Wind vollständig ein. Die See wabert nur noch träge, die Konturen lösen sich auf, was ich für Nebel halte ist ein Licht, in dem kein Horizont mehr auszumachen ist, aber die Positionslampen weit entfernter Schiffe gut zu erkennen sind. Und wieder gerate ich, ähnlich wie am Kap Kolka in einen tranceähnlichen Zustand und treibe dahin in diesem Meer von Zeit und Raum, und Licht.

 

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