Segeln
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Lautloses Gleiten durch die Kanäle…

Mai 2016 – von Berlin nach Greifswald

… so hatte ich mir das vorgestellt mit dem neuen Motor, wie Schweben über die Wasserwege. Die Realität war, wie es ihre Art ist, anders. Dabei ist der neue Motor wirklich leiser als der alte. Man kann sich unterhalten ohne brüllen zu müssen, während er läuft. Allerdings ist er zwar der Verursacher der Geräuschkulisse, überträgt aber, neben seinem Laufgeräusch, Schwingungen auf den Schiffskörper, die sich in einem Dröhnen manifestieren, dass im Vergleich zu früher nicht geringer geworden ist. Also erstmal eine Ent-Täuschung. Dass die Lärmbelastung dennoch deutlich geringer ist als die des alten Volvo Penta merke ich daran, dass ich nach 16 Stunden Fahrt am Donnerstag nicht annähernd so mürbe bin, wie sonst schon nach 10 bis 12 Stunden. Berlin – Hohensaaten in einem Rutsch. Auch das verdanken wir dem neuen Motor, mit dem wir die Höchstgeschwindigkeit in den Kanälen locker als Reisegeschwindigkeit fahren können.

kanalfahrt

Dazu ein Quentchen Glück an den Schleusen. Am Freitag scheucht uns der Skipper einer ehemaligen Hamburger Hafenbarkasse früh gleich mit in die Schleuse und trotz einer unfreiwilligen Extratour durch den Stettiner Hafen liegen wir um halb fünf in der Marina HOM in Dabie bei Stettin. Ja, dem Himmel sei Dank, unseren Lieblingshafen am Dabie-See gibt es noch! Die Zukunft des Hafens der Wasserpioniere, einer polnischen (ehemaligen oder noch existierenden?) Jugendorganisation ist noch ungewiss, aber im Hafen und auf dem weitläufigen Gelände mit den großen Wiesen und kleinem Badestrand am See hat sich in den letzten zwei Jahren einiges getan.

hafen_hom_dabie

Vor 8 Jahren waren wir ganz glücklich, diesen absolut geschützt liegenden Hafen entdeckt zu haben, in dem wir den Mast stellen und legen können, in dem genug Platz ist, um Bäume, Segel etc. an Land abzulegen und in dem wir keine Angst haben müssen, dass im entscheidenden Moment ein Motorboot solche Wellen macht, dass es Bruch gibt. Dazu freundliche Segler und der Ortskern mit Einkaufszentrum und kleinem Markt dahinter nur etwa 10 Minuten Fußweg entfernt.

Samstagmorgen ist alles in Nebel gehüllt. Als wir ablegen scheint die Sonne, aber der Wind kommt von vorn. Manchmal glaube ich, es gäbe zwischen Stettin und Oderhaff nur zwei Windrichtungen – Nord oder Süd – und wir fahren, wie es Murphys Gesetz will, immer in die falsche Richtung. Das Haff können wir in langen Kreuzschlägen überqueren und stecken auf einmal, am Eingang zur Kaiserfahrt, in dickem Nebel. Das haben wir hier noch nie erlebt und es kommt an dieser Stelle, an der wir uns das Fahrwasser auch mit großen Schiffen teilen, ganz ungelegen. Mal hebt sich der Nebel ein bisschen, dann ist wieder alles dicht. Die Fähren, die den Kanal überqueren und alle „Karsibor“ heißen, können wir gut erkennen, aber im Hafen von Swinoujscie erwarte ich jeden Moment einen riesigen Bug vor uns auftauchen zu sehen und bin entsprechend unentspannt. Geht aber alles gut.

nebel_in_der_kaiserfahrt

Am Sonntag sind für den Nachmittag Gewitter im Greifswalder Bodden angekündigt, bis die kommen, möchten wir da sein und stehen entsprechend früh auf, was sonst gar nicht so unsere Art ist. Die Gewitter bleiben aus, dafür schiebt uns ein fröhlicher Wind an Usedoms Küste entlang und über den fast leeren Bodden ans Ziel. In Wieck ist die holländische Ziehbrücke renoviert worden. Die Brückenwärter hängen wieder jede Stunde (außer mittags) die Gewichte aus und kurbeln die Brückenflügel hoch. Was mir an der Brücke so gefällt, ist die nachvollziehbare Rafinesse, mit der die Konstrukteure das Öffnen und Schließen der Brücke erleichtert haben, ohne von einer anderen Energieform als der menschlichen Muskelkraft abhängig zu sein. Jetzt hoffe ich noch, dass sie die Hebearme wieder weiß streichen (oder waren die nie weiß?).

bruecke_wieck

Noch einen halben Tag werkeln in Greifswald und dann mit dem Läusebus zurück nach Berlin. Der Ostseesommer kann beginnen.

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