Nur wir und die Natur. So hatte ich mir das vorgestellt in der Inselwelt der nördlichen Schären. Finnland, ein Land der endlosen, menschenleeren Wälder und Felseninseln. Segeln fern der Zivilisation. Naja, darüber, dass die Zivilisation überall Fahrwege markiert und Tonnen an Untiefen aufgestellt hat und wir uns nicht unsern Weg durch das Gewirr von Felsbrocken, Inseln und Steinhaufen selber „erloten“ müssen, bin ich schon ganz froh. Natürlich ist auch nichts dagegen zu sagen, dass alle anderen Schiffe und Boote diese Fahrwege ebenfalls nutzen. Und dass die Menschen, die hier leben, sich ihre Ferienhäuser an die schönsten Plätze der vielen Inseln bauen, kann ich verstehen. Vielleicht hat ja wirklich jede finnische Familie wenigstens eine kleine Hütte irgendwo auf einem Felsen? Da kommt dann schon einiges zusammen.
Insgesamt sind zwar eine ganze Menge Segelboote unterwegs, die scheinen aber ihre Nächte in Häfen oder an den vielen privaten Stegen zu verbringen. So haben wir die Ankerplätze, die wir uns danach aussuchen, ob sie gegen den aktuellen und den vorhergesagten Wind geschützt liegen, meistens für uns. Und das sind Ankerplätze, von denen aus der Blick nicht nur auf die beschriebenen Sommerhäuser, sondern auch auf Inseln hinter Inseln hinter Inseln fällt. Manche sind groß und „benadelwaldet“, manche nur eine Klippe mit ein paar windzerzausten Gräsern darauf. Irgendwo ist immer ein Schilfrand, an dem ein Reiher steht und in jeder Bucht gibt es eine Seeschwalbe, die unermüdlich im Kreis fliegt und sich ab und zu wie ein Stein ins Wasser fallen lässt, um dann gleich wieder durchzustarten, oft mit einem Fischchen im Schnabel.
Dunkelgrün und Grau sind die vorherrschenden Farben. Quarzadern und Flechten steuern ein paar Rosa- Orange- oder Gelbtöne bei und immer gibt es auch irgendwo ein paar Blumen, die kleine, kräftige Farbtupfer auf diesen Hintergrund zaubern.
Am schönsten ist es, wenn im Licht der tief stehenden Sonne nicht nur die vorhandenen Farben anfangen zu leuchten, sondern in den Schatten oder in den Wolken ganz neue Farben entstehen.
Wie Peter schon beschrieben hat, kommen wir selten an Land, weil dieses Land fast überall jemandem zu gehören scheint. An manchen Tagen ist es auch einfach zu kalt und wir begnügen uns damit, aus den Salonfenstern zu gucken. Wenn viel Wind ist, von dem immer ein wenig auch in die geschützteste Bucht findet, dreht sich Rithum ihren Anker und dann zieht die Landschaft an den Fenstern vorbei – hin, bis die Ankerkette die Bewegung stoppt und dann wieder zurück.
Nach unserm Besuch in Turku hat das Wetter umgeschlagen und der Wind auf Nord gedreht. Eine Woche lang sind wir von Ankerplatz zu Ankerplatz bis zu den Aland-Inseln gesegelt. Die Sonne ist noch immer warm und die Nächte sind noch hell, aber die Sträucher haben rote Beeren anstelle der Blüten und mit der kühlen Luft kommt der Gedanke, dass es langsam Zeit wird, wieder in Richtung Süden zu fahren. Einmal noch liegen wir auf einem sonnengewärmten Felsen in einer windgeschützten Ecke und sehen der Schwalbe beim Jagen zu, einmal noch, warm angezogen, in der Sonne gefrühstückt und den Frieden dieses Morgens genossen, dann packen wir zusammen und fahren nach Mariehamn, der Hauptstadt der Alands. Von hier aus soll es morgen nach Süden gehen. Und hier treffen wir noch einmal Jockel und Hillu aus dem WSV1921, die die gleiche Reise machen, wie wir, nur andersherum. Überraschenderweise ist auch der Alleinsegler, den wir am Anfang unserer Reise kennen gelernt haben, hier. Da müssen die Erledigungen, die wir uns für Mariehamn vorgenommen hatten – Arbeit, Blogbeitrag, Einkaufen, Tanken – auf morgen warten.
Die Fahrt von den Alands in die Schären nördlich von Stockholm ist anstrengend aber schnell. Mit zwei Reffs im Großsegel sind wir immer noch mit 6 Knoten unterwegs, was für Ritheine beachtliche Geschwindigkeit ist. Anstrengend ist, dass die Wellen von der Seite kommen, ausgesteuert werden müssen und öfter mal gegen den Rumpf klatschen und eine kalte Dusche in die Plicht schicken. Aber die Sonne scheint und alles ist in Ordnung, bis wir den Rand der Schären erreichen, das Gebiet, wo auf einmal überall Steine und spitze Felsen aus dem Wasser ragen und die Wellen um einiges höher sind als weiter draußen. Ausgerechnet hier fällt auf dem Navigationstablet die Satellitenverbindung aus. Die Tonnen des Tonnenstrichs sind, obwohl sie schon ganz nah sein müssten, in dem aufgewühlten Wasser nicht zu sehen. Auch mit dem Fernglas können wir sie nicht entdecken. Wer schonmal versucht hat auf einem auf den Wellen tanzenden Boot so etwas mit dem Fernglas anzuvisieren, weiß, was ich meine. Überall um uns her Felsen, an denen sich die Wellen brechen, da ist es nicht genug, die ungefähre Richtung zu wissen. Wir wenden und fahren erstmal wieder von der Küste weg, ins offene Wasser. Dann starten wir das Tablet neu und zu unserer großen Erleichterung funktioniert es wieder. Und weil es das Schicksal heute eigentlich gut mit uns meint, kommen die großen Fähren und der Frachter erst dann hinter uns her, als wir sicher am linken Rand des Fahrweges entlang segeln und ihnen ohne Schwierigkeiten ausweichen können.
Für den Abend suchen wir uns wieder eine Ankerbucht und werden kurz vorher von der schwedischen Küstenwache abgefangen und befragt. Eine richtige Kontrolle ist es nicht, sie fahren mit ihrem RIB neben uns her und stellen Fragen nach dem woher und wohin und wollen wissen, ob wir etwas zu verzollen haben.
Wir hatten mal wieder einen Plan:Wweil der Wind am Dienstag auf Süd drehen sollte und das die Richtung unseres Heimwegs ist, sind wir schon am Samstag von den Aland-Inseln nach Schweden gesegelt und wollen von Sonntag auf Montag über Nacht segeln, um vor der Winddrehung Öland zu erreichen. Am Sonntag Morgen weht es immer noch mit gut 4 Windstärken und Böen, die deutlich darüber liegen aus Nord. Und in den Wettervorhersagen ist die Winddrehung auf Süd auf einmal von Dienstag auf Sonntagnacht gesprungen. Erst den ganzen Tag hohe Wellen, dann kein Wind mehr und immer noch Wellen und mitten in der Nacht dann Wind von vorne? Nee. Der Plan wird geändert, wir drehen um und segeln stattdessen durch die Schären in Richtung Süden. Immer noch viel Wind und Böen, aber keine Wellen mehr und eine schöne sonnenbeschienene Insel-Landschaft zum Gucken. Die Nacht in einer lauschigen Ankerbucht verbracht und uns für den nächsten Tag mit einem Freund verabredet, der den Sommer hier auf einem Segelboot verbringt. Er liegt in einer Bucht auf Krokholmen, die wir am Montag nach einem halben Tag Kreuzen gegen den Südwestwind erreichen, und die so schön ist, dass wir über Nacht hierbleiben anstatt, wie ursprünglich gedacht, weiterzusegeln, um noch etwas Strecke zu machen.
Auf Anregung veröffentliche ich hier die Koordinaten der Ankerbuchten. Kann ja sein, dass jemand sie besuchen möchte. In der Regel haben wir in diesen Buchten auf 3 – 5 m Tiefe geankert. Bei unserem geringen Tiefgang von 1,35 m hatten wir auch keine Schwierigkeiten in die Buchten hineinzugelangen. Ohne das Navigationsprogramm, das zeigt, wo die Zufahrt tief genug ist, hätten wir uns in die meisten nicht hineingetraut, denn es liegen auch überall Steine herum, von denen man nicht alle sieht. Da ist natürlich jede und jeder für sein Schiff selbst verantwortlich und muss selber schauen, was geht. Diese Buchten waren bei den jeweilig herrschenden Winden gut geeignet, um geschützt in ihnen zu liegen und es sind Buchten, die uns gefallen haben, was nicht heißt, dass andere sie genauso mögen werden.
59° 56,20‘ Nord
024° 08,25‘ Ost
Neben dem Platz auf den Alands der schönste Ankerplatz. Man darf ihn sich nur nicht von den Motorbooten, die zwar nicht so sehr zahlreich, aber regelmäßig vorbei kommen, vermiesen lassen. Ein weiter Blick über die Insellandschaft und schöne Klippen mit Schilfrändern. Abends haben wir einen Otter beobachten können.
59° 57,01‘ Nord
022° 33,40‘ Ost
Hier haben wir am Felsen festgemacht. Ging auch ganz gut. Allerdings wurde Rith, als der Wind drehte, ein bisschen auf die Steine am Grund geschoben. Bugleine verlängert, Ankerleine des Heckankers etwas dichter geholt und das Problem war behoben. Später haben wir weiter vorne auf einem höheren Felsen einen Ring entdeckt. Das wäre wohl der bessere Platz gewesen. Auch hier ein schöner weiter Ausblick und ein wunderbarer Sonnenuntergang hinter der nächsten Insel.
60° 16,82‘ Nord
021° 54,58‘ Ost
rundum geschützter Ankerplatz an einer größeren Insel. Schilfufer und eine Reihe Stege für die Boote der Einheimischen. Der Wald und die Wiesen könnten auch in MeckPom liegen, aber da gibt‘s, glaube ich, nicht so viele Blaubeeren.
60°10,03‘ Nord
021°24,19‘ Ost
Nicht ganz so gut geschützt, aber guter Ankergrund. Rith hat sich viel gedreht, wenn etwas von den heftigen Böen bis zu uns durchkam. Hier wie überall Ferienhäuser an den Ufern, aber schöne Ausblicke auf viele Inseln.
60° 0,49‘ Nord
020° 30,15‘ Ost
Ankerplatz auf den Aland-Inseln. Erst wollten wir in die Bucht nebenan, aber die ist viel zu groß. Obwohl dieser Platz am Fahrwasser liegt, war es sehr ruhig, nur ab und zu kam ein Motorboot vorbei.
Krokholmen östlich von Ornö im Stockholmer Schärengarten
Gut geschützt bei südlichen Winden und wunderschön. Im Juli soll es hier sehr voll werden, aber jetzt ist es einfach zauberhaft.