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Schärenkontrast – Gotland oder in Visby steppt der Bär

Leander ist, wie geplant, nach einer Woche wieder von Bord gegangen und nach Berlin zurückgeflogen. Wir verlassen wehmütig die Schären und wenden uns dem dritten großen Ziel der Reise zu – Gotland. Alle Jahre, die wir Richtung Osten auf der Ostsee unterwegs waren, wollte ich auch mal Gotland besuchen. Aufgrund der beschränkten Urlaubszeit war Gotland auf eigenem Kiel bisher nicht erreichbar. Diesmal klappt es, Gotland liegt voraus, die Windrichtung passt, kaum Welle, zum Nachmittag soll der Wind zunehmen bis Windstärke sechs. Für die gut 80 Seemeilen haben wir uns auf eine Nachtfahrt eingestellt und wollen erst am Morgen in den unbekannten Hafen einfahren. Gegen 9.00 Uhr zirkeln wir uns durch die letzten Steinhaufen der Außenschären und können wieder ohne permanentes Kartenstudium relaxt segeln. Anfangs noch mit Genua, dann wird der Wind stärker, Genua wird gegen Fock getauscht, bis auch noch ein Reff ins Großsegel gebunden werden muss. Nach und nach baut sich eine Welle auf, die von schräg hinten kommt, aber nicht bremst. So rauschen wir dann mit fünf bis sieben Knoten Visby entgegen. Die …

Schärenseligkeit

Einen Tag nehmen wir uns, nachdem Leander angekommen ist, um das wunderbare Vasa-Museum in Stockholm zu besuchen, dann kehren wir dem Yachthafentrubel den Rücken. Obwohl es sich diesmal immerhin um den «Königlich-Schwedischen-Segelclub in Saltsjöbaden»  (eine Bahnstunde vom Stockholmer Zentrum entfernt) handelt. Es ist auch wirklich ausgesprochen nett hier, aber königlich hin oder her, wir haben zwei Ankerplätze in den Schären kennen gelernt und wollen unbedingt mehr davon.  In der Woche, die Leander bei uns ist, segeln wir zwischen den inneren und den äußeren Schären, mal entspannt in breiten Fjorden, mal mit starrem Blick auf die Positionsangaben des Außenfunkgeräts und dem Finger auf der Karte, um ja keinen Stein zu übersehen. Ausgetonnte Fahrwasser gibt es nur dort, wo Großschifffahrt verkehrt. Es kann auch nicht neben jedem Stein, der nur knapp über oder knapp unter der Wasseroberfläche liegt, ein Warnzeichen stehen, dazu sind es einfach zu viele. Ein schwedischer Segler, der neben uns am Felsen in der Nordbucht von Nämdö liegt, erzählt, dass er auf einer Insel in der Nähe aufgewachsen sei und dass vor 10 Jahren hier …

Bilderbuchsegeln in Büllerbü

Montag Morgen gegen vier Uhr, ich döse gerade im Halbschlaf meiner dreistündigen Freiwache, als Annette verkündet: „Ich sehe Land“. Voraus liegt „Öja“. Eine langgezogene Insel der äußeren schwedischen Schären, südlich von Stockholm. Der Blick auf die Karte zeigt ganz viele kleine Steine und ein paar, eher wenige, Seezeichen, die zum überwiegenden Teil aus Kardinalen bestehen. Ansonsten gibt es noch ein Leuchtfeuer und andere Landmarken. Die schwedischen Karten zum Schärengebiet, die wir auf unserem Umweg nach Riga in Karlskrona gekauft hatten, zeigen so viele kleine Punkte, dass ich keine Vorstellung habe, wie man hier, vielleicht noch mit viel Wind, Seegang  und schlechter Sicht, durchkommen kann, ohne an den einen oder anderen Stein zu stoßen. Auch hier gilt Annettes Regel aus dem Straßenverkehr: „Du darfst nichts berühren“. Die Karte zeigt ganz in der Nähe eine kleine Ankerbucht. Wir machen zur Sicherheit ein paar größere Schlenker um nichts zu berühren und finden, nachdem wir uns geeinigt haben, welche Kardinale (schwarz-gelbes Seezeichen, das vor einem Hindernis warnt) wo hingehört, auch die kleine Bucht. Die kleine Bucht ist komplett voll …

Hypnotische Landschaften

Über Kap Kolka liegt eine tiefe Ruhe. Roja fühlt sich an, wie ein etwas abgelegener Ort, Kolka, als liege es in einer anderen Dimension. Die Landschaft auf dem Weg hierher ist der Wald. Ein Nadelwald, dessen Boden mit Heidelbeersträuchern bedeckt ist. Durch diesen Wald führt die Straße, auf der der Bus fährt und an der ab und zu eine Haltestelle darauf hinweist, dass in der Nähe Menschen wohnen. Manchmal sind auch Häuser zwischen den Bäumen oder auf Lichtungen zu sehen, oft schöne, alte Holzhäuser. In Kolka steigen mit uns ein paar ältere Damen aus, die in verschiedene Richtungen davon streben und schnell verschwunden sind. Vor dem kleinen Supermarkt sitzt ein vielleicht sechsjähriger Junge mit einer Flasche Cola, der aussieht, als sei er sehr zufrieden mit seinem Kauf. Eine ältere Dame auf einem Fahrrad und ab und zu ein Auto, ansonsten sind wir alleine. Bis zum Kap verdichtet sich die Empfindung von Weite und tiefer Gelassenheit, als atme dieser Ort ganz langsam ein und aus.  Der Strand am Kap ist wild und leer. Bäume, die im …

Die Finnen kommen

Nach vier Tagen Riga verlassen wir die Stadt. Ein neuer Hafen, eine neue Stadt ist immer wieder spannend, aber nach der ganzen Pflastertretterei wollen wir auch mal wieder segeln. Gestern und letzte Nacht hat es das erste mal auf unserer Reise geregnet. Heute ist wieder bestes Wetter. Im Hafen ist nichts groß los, ein paar Frachter werden von den Hafenkranen mit Kohle vollgeschaufelt, aber auf dem Wasser ist „tote Hose“. Im Hafenfunk auf Kanal 09 hören wir irgendwas auf Russisch, wir aber „nichts verstehen“.  In Riga gibt es neben dem am Botschaftsviertel gelegenen Stadthafen noch weitere Sportboothäfen. Diese liegen auf der anderen Flussseite und der Weg in die Innenstadt ist deutlich weiter. Wie im Stadthafen ist auch hier nur die Hälfte der vorhandenen Plätze belegt.  Ansonsten wird im Industriehafen fleißig gebaut. Auf einer endlos scheinenden Fläche entsteht ein gigantisches Containerterminal. Die Fahrt durch den Hafen dauert ca. eine Stunde.  Genau in der Hafenausfahrt kommt dann großes Schiff von hinten, hat sich von uns unbemerkt angeschlichen und ist auf einmal da. Großes Schiff vorbei – und …

welch ein Singen, Jubiliern…

Mit der Verzögerung durch das Motorproblem hatte ich die Hoffnung, rechtzeitig zum Sängerfest oder wenigstens zum großen Abschlusskonzert in Riga zu sein, schon begraben. Jetzt waren wir doch am 7. Juli, einem Samstag angekommen und die große Abschlussnacht fand nicht an diesem Samstag, sonder erst am 8. Juli, also am Sonntag statt, sogar noch ein Tag Zeit, uns ein bisschen auszuruhen. Und nun stehen wir vor der Frau in der Touristeninformation und die lächelt auf die Frage nach Tickets nur müde: Seit Wochen ausverkauft, restlos ausverkauft, das Konzert und die Sing-Along-Night. Wir könnten einfach hinfahren, es gäbe immer Leute, die Karten aufkauften und dann zu Wucherpreisen anböten. Sie fände das furchtbar, aber so sei es eben. Dieses Sängerfest findet alle fünf Jahre statt und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. In diesem Jahr fällt es mit den Feierlichkeiten zu 100 Jahre Unabhängigkeit Lettlands zusammen und ist deshalb vielleicht noch größer oder intensiver, das weiß ich nicht, aber jetzt haben wir es geschafft, trotz aller Widrigkeiten rechtzeitig hier zu sein und kommen nicht rein, was für eine Enttäuschung.  Bei …

Bis 0,5m Welle gibt es warmes Essen – Die Tour von Karlskrona bis Riga

Drei Tage und zwei Nächte ununterbrochen unterwegs – das ist der persönliche Rekord unseres bisherigen Seglerlebens. Spannend war zum einen die Frage: wie entwickelt sich das Wetter und zum anderen: wie kommen wir damit zurecht, immer nur in Häppchen von höchstens zweieinhalb Stunden zu schlafen, denn wenn eine schläft, muss einer steuern und umgekehrt. Eigenhändig steuern und nicht nur in der Plicht sitzen und aufpassen. Wir haben zwar inzwischen einen elektrischen Autopiloten, dessen Kompass kommt aber mit seinem Einsatz auf einem Stahlschiff nicht klar und so wurde aus dem Traum als «Wache-Habende» in der Plicht sitzen und lesen zu können und nur ab und zu mal rundherum zu schauen, ob noch alles in Ordnung ist, erstmal nichts.  Das Wetter war uns gewogen – manchmal ein bisschen zu sehr, sodass wir zwischen Gotland und Lettland stundenlang motoren mussten, weil überhaupt kein Wind war. Ein bisschen blöd, wenn man versucht möglichst viel Schlaf zu bekommen und es im Salon ziemlich laut ist, weil der Motor läuft. Mit Ohrstöpseln und der nötigen Müdigkeit geht aber auch das. Dafür …

In Lettland angekommen

Am Dienstag sind wir um 11 Uhr in Karlskrona gestartet und seitdem unterwegs gewesen. Ständig musste eine / einer an der Pinne sitzen, die / der andere hat versucht, in der Zeit, die sie oder er nicht am Steuer gebraucht wurde, soviel Schlaf zu kriegen, wie möglich. Was nicht immer einfach war, weil wir – neben schöner Segelei – auch mit schwachen Winden und Flauten zu kämpfen hatten und der gerade wieder hergestellte Motor einiges zu tun bekam. Nach drei Tagen und zwei Nächten haben wir Ventspils, einen Industriehafen an der lettischen Küste erreicht. Morgen wollen wir weiter in Richtung Riga.

Warten auf die Glühkerzen

Einen Vormittag von Pontius zu Pilatus telefoniert und herumgefahren, bis wir herausgefunden hatten, dass die Bezeichnung der Glühkerze so eine Art Geheimcode ist, unter dem die Kerze weder im Internet, noch im Katalog des Großhändlers zu finden ist. Was haben die Menschen vor dem Zeitalter der Handys gemacht? Wir konnten anrufen und mehrere, freundliche Menschen in Deutschland und Schweden mit unserm Problem beschäftigen. Jetzt haben wir ähnliche Kerzen bestellt, die hoffentlich, hoffentlich passen. Morgen früh sollen sie beim Händler sein, dann wissen wir mehr.  Inzwischen nutzen wir die Zeit, uns die Gegend anzuschauen, und freuen uns, dass wir dazu die alten Bootsfahrräder meiner Eltern haben, auf denen sich vor allem Peter immer ein bisschen fühlt, wie der Bär im Zirkus… 

Motor Teil 2

Wir erinnern uns: Im Motor, oder richtiger im Brennraum, war Wasser, was das Starten doch deutlich behindert. Nachdem wir gestern nach wildem Rumfragen einen Jan genannt und gefunden hatten, sollte heute der Motor gerettet werden. 13 Uhr war verabredet. Bei schönstem Segelwind sitzen wir im Hafen und erledigen viele der kleinen Bauarbeiten die immer schon mal gemacht werden sollten, für die aber nie Zeit ist. Und eine Sicherung wurde beim Yachtausstatter besorgt. Die letzte die vorrätig war. Donnerstag gegen 11.00Uhr kommt Jan in seiner schwarzen Latzhosen und mit dem PKW-Anhänger-Materiallager in den Hafen und beginnt mal an dem einem Boot zu schrauben und mal an dem anderen. Zwischendurch lange Wanderungen zum Hänger und das Eine oder Andere zu holen. 13.00Uhr – ich will nicht drängeln, aber wir hoffen heute noch weiter zu kommen, denn in den nächsten Tagen wird das Wetter ungemütlich und kommt aus der falschen Richtung. Inzwischen ist es 14.00Uhr. Jan hat wieder einen Außenborder belebt und unterhält sich mit dem Eigner. Der Nächste kommt spricht Jan an und ab geht es zum …