Neben Gotland gibt es, so halb südwestlich versetzt, noch die Insel Öland. Auf dem Weg nach Lettland sind wir bereits die halbe Nacht an der Ostküste von Öland vorbei gesegelt, sodass uns die Insel schon ein wenig wie eine alte Bekannte vorkommt. An der Nordspitze gibt es eine kleine Bucht mit einem Hafen am Ende. Eventuell kann man hier auch ankern. Weitere Hafeninformationen haben wir nicht. Um Öland fahren wir wieder nach Seekarten aus Deutschland und diese haben nur eine ganz kleine Auswahl an Häfen im dazugehörigen Handbuch. Nabbellund, so heißt der Hafen, ist nicht mit dabei. Der Kartenmassstab ist jetzt wieder doppelt so groß wie bei den schwedischen Schärenkarten. Die Durchfahrt sieht auf der Karte auch super schmal aus, ist aber ausgetonnt. Wie wir bei den ersten Tonnen ankommen, ist alles sehr großzügig breit und die Tonnen stehen Spalier wie auf einer Landebahn die Lichter. Hier hätte ich auch eine Fähre rein bugsieren können, wenn ich eine Fähre fahren könnte. Der Hafen ist ein kleiner Fischreihafen mit ein paar Gästeplätzen und gegenüber den meisten anderen schwedischen Häfen eher leer. An der Fichereipier liegt nur noch ein Segelboot aus Berlin, das wir auch schon im Visbyer Hafen gesehen haben. An den weiter innen liegenden Holzsteg trauen wir uns nicht ran. Beim Anlegen fing das Echolot an zu piepen und nach „Steine-Schubsen“ war uns heute nicht zumute. Das Anlegemanöver ist dann auch so richtig misslungen, weil Annette nicht auf die sehr hoch liegende Betonpier gekommen ist und eine Böe die Nase so lange zur Seite gedrückt hat, bis wir am Heck eines Fischerkahns hängen geblieben sind. Also sind wir über den Fischerkahn gekrabbelt und haben Rith mit der ganz langen Bugleine wieder an den ausgeguckten Liegeplatz zurückgezottelt. Alles halb so peinlich, war ja keiner da der es gesehen hat. Beim anschließenden Baden konnte ich dann sehen, dass das Echolot nur vom Seegras irritiert wurde und bis zum Holzsteg gut drei Meter Tiefe vorhanden sind.
Außer ein paar hübschen Ferienhäusern und ganz vielen Kühen, die in einer Art Urwald grasen, gibt es in Nabellund nichts. Der Hafen war offensichtlich mal Fähranleger. Direkt vor der Pier verbreitert sich die Straße auf sechs Spuren, wobei vier Spuren als Aufstellfläche für die Fähre dienen. Dazu noch die Abfertigungshäuschen, Schranken und Zäune. Aber alles tot. Nur Kuhgemuh und ein paar Kinder die mit ihren Rädern zum Baden in Richtung Hafen fahren.
Öland ist eine Insel, auf der es freizeittechnisch alles gibt. Seichte Sandstrände, tiefe Steinbrüche, grüner, dichter Wald, moderne Kunst, klassisches Handwerk, eisenzeitliche Dörfer, Wikingergräber, Golfplätze, Bogenschießen und den Sommersitz der königlichen Hoheiten – Schloss Borgholm neben dem Palast Solliden. Am 14.Juli gabs dann noch den ganz großen Empfang auf Solliden zu Ehren des Geburtstags der Kronprinzessin Victoria. Das alles reicht, um mindestens einmal die ganzen Ferien auf Öland zu verbringen. Außer Solliden als weißen Küstenflecken und einem Millitärboot davor, das träge seine Kreis fuhr, haben wir von all dem kaum etwas gesehen. Meine Impressionen stammen alle aus dem schönen Prospekt „Öland – Die Königsinsel“, auf dem vorne ein Lamm vor Leuchtturm drauf ist und die Seiten mit glücklichen Kühen und Ferienfamilien gefüllt sind.
Der zweite Hafen auf Öland ist Byxelkrog. Im Hafenhandbuch steht „touristisch gut ausgebauter Hafen“. Das ist er auch – in jeder Hinsicht, mit mindestens sechs verschiedenen Gaststätten und Kneipen, einer kompletten kleinen Einkaufsstraße aus roten Schwedenhütten in denen Nippes verkauft wird, Fahrradverleih und so weiter. Bei der Einfahrt in den Hafen haben wir etwas gesehen, dass aussieht wie eine Fasssauna auf einer Plattform, die ca. 200 m vor dem Strand im Meer dümpelt. Um nachzusehen was es ist sind wir dann mal hingeschwommen. Es ist eine Fasssaune auf einer Plattform. War aber kalt und abgeschlossen. Die Idee finde ich gut, sollten wir bei uns im Verein auch haben.
Auf unserer weiteren Fahrt, vorbei an der Westküste Ölands sind wir lieber die Häfen am Festland angelaufen. Jetzt wurden nur noch Häfen ausgesucht, von denen wir keine weiteren Informationen hatten, in der Hoffnung, dass es anderen auch so geht und diese Häfen erst gar nicht anlaufen. Der Erste war Skäggenäs. Ein kleiner Vereinshafen, in dem wir die einzigen Gastlieger waren. Unsere Hafengebühr haben wir am Abend im Umschlag einfach in den Briefkasten gesteckt. Toiletten und Duschen konnten vom angrenzenden Camperplatz mitbenutzt werden. Strom und Wasser, alles am Steg. Ansonsten absolute Ruhe. An der Außenseite der Steinmole gibt es ein Brett mit Handlauf und eine kleine provisorische Badeplattform. Am nächsten Morgen kam noch der Bootsnachbar vorbei und freute sich seine Deutschkenntnisse anzuwenden.
Er erzählte, dass er seit über 40 Jahren in diesem Gebiet segelt und bereits sein Vater hier ein eifriger Segler war. In dem Moment fiel Annette noch ein, dass wir unsere letzten Schwedenkronen in den Umschlag mit dem Hafengeld gesteckt hatten und beim nächsten Hafen vielleicht wieder nur bar bezahlt werden könnte. Also den netten Nachbarn nach einem Geldautomaten gefragt, und er: „das ist ganz weit weg“. Aber kein Problem, er hat ja sein Auto da und kann uns, wenn wir wollen, zum Automaten und zurück fahren. Annette ist dann mit John los, wobei sie noch an Johns Haus und dem Haus vom Sohn vorbeigefahren sind und so weiter.
Bei auffrischendem Wind geht es dann gegen Mittag weiter nach Süden. Der Wind ist zwar wieder gegenan, aber so, dass wie mit ein paar Kreuzschlägen gut durch den Kalmarsund und unter der Kalmarsundbrücke durchkommen. Das Fahrwasser ist eng und an den Seiten steinig aber übersichtlich ausgetonnt, sodass auch ohne elektronische Karten mit einem guten Gefühl gesegelt werden kann. D.h. einer steuert und der andere sucht Seezeichen, Landmarken und komische Stellen im Wasser. Da kommt auch bei kurzen Strecken keine Langeweile auf. Die meisten Boote, die mit uns durch das Nadelöhr unter der Brücke durchfahren, gehen in den Hafen Kalmar. Das ist für uns keine Option – der Hafen steht im Handbuch. Nach der Brücke treffen wir noch ein holländisches Plattbodenschiff, ungefähr von unserer Größe, das sich bei den fünf Windstärken erstaunlich senkrecht hält. Noch schnell ein paar kitschige Fotos mit Plattbodenschiff und Schlossfassde im Abendlicht gemacht, in der Hoffnung, dass wir mit den Bildern den Holländern eine Freude machen können falls wir den gleichen Hafen anlaufen. Vielleicht geht es ihnen so wie uns. Schöne Bilder vom eigenen Schiff in Fahrt sind eher selten. Aber vielleicht ändert sich das im Zeitalter der Drohnen. Für nächstes Jahr ist so ein Teil im Hinterkopf schon mal budgetiert. Aber zurück zu den Holländern. Die drehen ab und gehen scheinbar in einen anderen kleinen Hafen.
Wir haben uns Ekenäs als Ziel ausgesucht. Vom Hafen wir wissen nur, dass es eine ausgetonnte Ansteuerung gibt und suchen in den Wellen die erste Tonne zwischen den Steinen. Ohne eine genaue Orientierung trauen wir uns nicht weiter ans Ufer. Dummerweise ist es das Westufer und wir sehen genau in die untergehende Sonne, die sich in den Wellen wie in einer Discokugel spiegelt. Dann auf einmal ist im Fernglas für einen kurzen Moment eine kleine Tonne zu sehen und wir finden den Eingang. Etwas Verwirrung gibt es noch, da in der Hafeneinfahrt ein Betonsteg quer liegt. Gefühlt würde ich gerne rechts daran vorbeifahren, links daneben gibt es noch ein paar Tonnen deren Richtung und Funktion wir nicht so richtig nachvollziehen können. Bei dem großen Maßstab unserer Karte sind diese Details nicht mehr dargestellt. Aber wenn sich schon jemand die Mühe gemacht hat die Tonnen zu legen können wir einfach mal da lang fahren. Weiter hinten gibt es noch ein paar Stege wo schöne kleine Holzsegelboote liegen. Am liebsten würde ich ja auch dazwischen, aber überall ragen schon große Steine aus dem Wasser. Wie wir an den eben noch unklaren Tonnen sind, ist die Perspektive wieder anders. Es gibt nur diesen einen Weg am Betonponton vorbei. Der andere wäre ein Holzweg gewesen oder besser gesagt mit Steinen gepflastert. Wir sind wieder die einzigen Gäste im Hafen. Der von einem alten Tabakspeicher, dem Vereinsheim und einer Werft mit historischen Segelbooten eingefasst wird. Wir machen noch einen Spaziergang durch den Miniort. Am nächsten Tag geht es weiter nach Kristianopel, ist zwar im Handbuch, soll aber soooo schön sein. Kristanopel ist auch eine kleiner schöner Hafen. An der Einfahrt wird jeder vom Hafenmeister persönlich in Empfang genommen und bekommt einen Platz zugewiesen. Wir kommen an den Steg mit kleinen deutschen Booten. Zu Skäggenäs, unserem letzten Stopp, wiedermal das absolute Kontrastprogramm. Im Hafen ist gerade Hafenfest. Alles ist voller Menschen, eine ABBA-Coverband donnert die Schlager unserer Eltern über die Mole, an den Ständen gibt es Tombola und Elchuhren.
Von hier aus ist der Rückweg geplant. Getankt wird nicht mehr. Bei den schwedischen Dieselpreisen mit über 2€/Liter müssen die letzten 30 Liter reichen. Wind soll es ja geben.
Am Abend kommen dann auch noch die Holländer in den Hafen. Mit ihrer „Woest maar kalm“ sind sie das interessanteste Boot im Hafen. Nach kurzem Schwätzchen, Fotoübergabe und Dankeschön haben wir uns dann noch auf ein Bier am Abend an Bord der „Rith“ verabredet. Allzu spät ist es dann aber doch nicht mehr geworden. Die Holländer sind gegen 5.00Uhr morgens aus dem Hafen und wir ca. zwei Stunden später auch los.