Annettes Resumee
In drei Wochen rund 650 sm gesegelt. Bilder und Vorurteile im Kielwasser gelassen, die eigentlich der Generation der Kriegskinder, die meine Eltern waren, gehörten. Wie „der Russe“ ist und wie es „im Ostblock“ zugeht, das umgab mich meine ganze Kindheit hindurch so selbstverständlich, dass es eine Schicht in meinem Bewusstsein gebildet hat, die ich mit dem Verstand nicht mehr erreichte, als ich alt genug war, selber zu denken.
Die ganze Rithmannschaft ist mit einem Schlag vom Jagdfieber gepackt. Die Anspannung zielt auf einen kleinen Punkt, der Backbord in der Nähe des Tonnenstrichs schwimmt. Bis eben dösten wir noch so vor uns hin. Die Greifswalder Oie kroch an Steuerbord vorbei und wir spinnerten uns lustige Vogel-Flashmob-Geschichten zusammen. Um uns herum keine Welle, kein Wind, kein Verkehr, nur eine laue Abendstimmung. Wir haben aber nach der bewegten Überfahrt noch keine Lust den Motor anzuwerfen, um die südliche Fahrrinne um den Ruden zu nehmen. Südwind! Seit wir vor zweieinhalb Wochen in Greifswald aufgebrochen sind, rede ich von Südwind. Südwind, der uns, wie im letzten Jahr, lässig die polnische Küste entlang segeln lässt. Südwind, der, weil er von Land kommt, keine große Welle entstehen lässt. So ein Südwind ist jetzt angesagt und es könnte alles so schön sein, wenn nicht die polnische Marine ausgerechnet diese Woche zu einer Übungswoche bestimmt und die beiden Militärgebiete, die direkt hinter Ustka beginnen und sich ca. 25 Seemeilen weit nach Westen erstrecken, für Fischerei und gewöhnliche Seefahrt geschlossen hätte. Als wir aus der Danziger Hafenausfahrt heraus kommen, ist die Ostsee spiegelglatt. Man sieht keine Kräuselung, das Wasser liegt da wie ein Teppich aus flüssigem Blei. Mir gefällt das, ich kann unten sitzen und lesen ohne dass mir gleich das große Kotzen kommt. Die Fahrt nach Danzig ist länger als angenommen, wird aber zu einem der schönsten Segeltage dieser Reise. Genuawind, es läuft. Als wir anlegen, kommt Annette gerade mit ihrer Familie den Kai entlang. Sie sind auf dem Weg ins Ferienhaus nach Masuren. Die Zeit reicht aber nur für einen kurzen Plausch, dann müssen sie weiter. Mittwoch. Es regnet. Peter liegt total krank in der Koje. Leander und ich wollen das Orgelkonzert im Dom hören, das dort jeden Tag um 11 Uhr gespielt wird. Der Weg ist weiter als gedacht. Wir eilen durch den Regen, versuchen eine Abkürzung, die ein Umweg ist, kommen tropfnass und eine Viertelstunde zu spät an. In der „Fishboat-Marina“ im Kaliningrader Hafen werden wir von Valerie, einem sehr freundlichen Wachmann empfangen. Er weiß, dass wir kommen und er spricht ein bisschen Englisch, sodass wir uns verständigen können. Nachdem er uns alles gezeigt hat, möchte er unbedingt unsere Ankunft an Thoralf und Elena melden. Ich versuche vergeblich, ihn davon abzubringen die armen Menschen um kurz vor 6 Uhr in der Frühe aus dem Bett zu klingeln. … am Freitag ausschlafen. Vielleicht am Abend lossegeln oder am Samstag in der Frühe – das war der Plan. Umgeworfen wurde er zum einen von „Seerolf“, einem freundlichen, etwas wuseligen älteren Segler vom Nachbarboot in Hel (der Spitzname ist von Leander), der mehrfach betonte, es gebe nur ein Wetterfenster am Freitag, für Samstag und Sonntag sei wieder Starkwind vorhergesagt und zum anderen davon, dass sich am Freitag nach dem Frühstück herausstellte, dass Peter die Strecke nach Baltijsk nicht im Dunkeln segeln wollte. Lange Zeit vor Boot und Familie wollte ich mit meinem Oldimer an der Ralley Monte Carlo Callenge teilnehmen. Das ist eine Ralley an der mit alten Autos auf der origninalen Route die legendäre Strecke abgefahren wird. Die „Nacht der langen Messer“ heißt die Nachtetappe bei dieser Ralley und wird als besonders anstrengend beschrieben. Ein sanfter Wind schiebt uns die pommersche Küste entlang in Richtung Nord-Osten. Kaum sind wir unterwegs, bringen die Funkstationen Witowo- und Lyngby-Radio Starkwindwarnungen. – ??? – Über uns strahlt ein blauer Himmel und der Wind nimmt gegen Mittag eher ab als zu. Eine sanfte Welle von hinten, bei der wir sogar unter Deck lesen können, ohne dass uns schlecht wird.Der Fang
Südwind
Das schwere Schicksal von acht Scheiben Zwieback
Auch dies war sicher nicht der letzte Besuch in dieser schönen Stadt
Regenzeit
Königsgrad oder Kantberg ?*
Eigentlich wollten wir…
Die Nacht der langen Messer
Szenenwechsel